Rund um den 115. Geburtstag von Anni Wadle hat es im Stadtteilladen diverse Veranstaltungen in Erinnerung an unsere Namensgeberin gegeben. Bereits am 13. 07. fand eine interne Exkursion in das Stadthaus Hamburg und das Konzentrationslager Neuengamme statt. Am darauffolgenden Montag wurde ein Film über den Streik der Kieler Metallarbeiter für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gezeigt, bei dem Anni und ihr Mann Hein Wadle wichtige Positionen übernahmen. Abschließend lauschten bei „Annis Geburtstagscafé“ am 18.07. bis zu 30 Teilnehmende Auszügen aus ihrer Autobiographie „Mutti, warum lachst du nie?“, bekamen Eindrücke über ihr Leben und Wirken ubd tauschten Anekdoten aus.
Anni Wadle war als Kommunistin in Kiel und Gaarden aktiv, Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und engagierte sich ein Leben lang gegen Faschismus, Rassismus, Krieg und Kapitalismus ein.
Wegen ihrer politischen Aktivitäten für die Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) wurde sie während des Nationalsozialismus verfolgt und vier Jahre in Zuchthäuser und Konzentrationslager gesperrt. Trotz zunehmend verschlechternder Gesundheit und Misshandlung durch die Gestapo blieb Anni Wadle ihren Idealen immer treu. Auch ihr Mann Hein Wadle wurde mehrfach inhaftiert und kam erst nach der Befreiung 1945 wieder frei.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges sind Anni und Hein weiterhin in der Arbeiter:innenbewegung aktiv und Mitglieder der KPD, bis zum Verbot der Partei 1956. Beide waren von Beginn an Teil der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Beim Streik der Metallarbeiter für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, der im Oktober 1956 begann und mit 114 Streiktagen und 34.000 Streikenden der längste Arbeitskampf in der Geschichte der BRD ist, spielten Anni und Hein Wadle wichtige Rollen. Hein war Betriebsrat bei HDW und Anni kämpferische Organisatorin an der Werft und bei den streikenden Familien. Sie blieb auch in den kommenden Jahrzehnten aktive Antifaschistin und engagierte sich in der Friedens- und der Anti-Atomkraft-Bewegung. Anni Wadle verstarb im April 2002 in Neumünster im Alter von 92 Jahren.
Seit wir den Stadtteilladen im August 2022 eröffnet haben, sind uns immer wieder Personen begegnet die Anni Wadle noch persönlich kannten. Aus Gesprächen, Büchern und Filmen konnten wir viele neue Geschichten und Informationen über sie entdecken: Ob Anni Wadle als Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, als in Gaarden wohnende Nachbarin, als kämpfende Kommunistin im Stadtteil und an der Werft oder als Mutter.
Diese Begegnungen haben uns noch einmal in der Wahl des Namens bestärkt und aufgezeigt, wie wichtig die aktive Erinnerung an Genoss:innen und die damit verbundene Geschichte des Widerstands und des Kampfes für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung sind. Dies zählt gerade für die Kämpfe von Frauen, die in der herrschenden patriarchalen Geschichtsschreibung unsichtbar gemacht werden sollen.
Anni Wadle dient nicht nur als Namensgeberin des Stadtteilladens, sondern auch als politische Orientierung für unser Projekt. Sie hat sich bis zu ihrem Tod im April 2002 ein Leben lang gegen Faschismus, Rassismus und Krieg engagiert. Die abschließenden Worte in ihrer Autobiographie sollen uns als Lehre und Auftrag dienen:
„Ihr Jungen müßt alles Unrecht aufspüren, seid wachsam, deckt alle neofaschistische, rassistische, völkerfeindliche und den Krieg verherrlichende Anzeichen auf. Seid wachsam, damit verhindert wird, daß aus den vielen mehr oder weniger getarnten neofaschistischen Gruppen und Parteien wieder eine Sa und SS wird.“ (Anni Wadle, Juli 1988)