Initiative „LEG-Mieter*innen wehren sich“ kämpft gegen schlechte Wohnbedingungen und steigende Kosten beim Immobilienkonzern LEG

Reges Treiben war am Montagabend des 20. Februar in dem alternativen Kneipenrestaurant Subrosa in der Gaardener Elisabethstraße zu beobachten. Über 30 Mieter*innen des Immobilienkonzerns LEG haben an diesem Abend zusammengefunden, um sich über die neuesten Entwicklungen rund um ihre Wohnsituation auszutauschen. Es war bereits das dritte Treffen der Initiative. Die Initiative mit dem Namen „LEG-Mieter*innen wehren sich“ hat in den letzten Wochen ordentlich Schlagzeilen gemacht. Ausgang der Initiative war ein spontanes Treffen Anfang November 2022 in der Mühlenstraße am Grünen Eck. Die „Solidarische Beratung“ des Stadtteilladens Anni Wadle lud zu einem Kurzfilm ein. In diesem wurden die mieter*innenfeindlichen Praktiken von LEG-Immobilien in Bad Oldesloe gezeigt. LEG-Mieter*innen und Unterstützer*innen tauschten sich über die untragbaren Zustände in Häusern des börsennotierten Mietkonzerns aus. Betroffene Mieter*innen berichteten über die katastrophalen Wohnbedingungen bei LEG in der Nachbarschaft: Von nicht behobenen Wasserschäden, Schimmel, kaputten Türen und Dächern über nicht Erreichbarkeit der Hausmeister und LEG-Verantwortlichen bis hin zu dubiosen Steigerungen der Nebenkosten war wirklich viel unhaltbares dabei.

LEG hat den Ruf „schlimmer als Vonovia“ zu sein

Schnell wird deutlich, dass es sich bei den Zumutungen in Gaarden nicht um Einzelfälle, sondern um ein erfolgreiches LEG-Geschäftsmodell der Wohnraumspekulation handelt. Die LEG ist ein Wohnungskonzern aus Nordrhein-Westfalen, der in den letzten Jahren stark expandierte und mittlerweile bundesweit über 160.000 Wohnungen besitzt. Und mit denen macht die LEG ordentlich Profit. Allein im Jahr 2021 hat die LEG ihren Gewinn um über 10 Prozent auf mehr als 420 Millionen Euro gesteigert. Fast die Hälfte der Mieteinnahmen geht dabei direkt an die Aktionär*innen. So wurden 41 Prozent der Einnahmen im Jahr 2019 als Dividenden ausgeschüttet. Dividenden und Gewinne, die den Mieter*innen durch vorenthaltende Leistungen sowie steigende Mieten und Nebenkosten aus den Taschen gezogen werden. Ende 2021 hat das Unternehmen 2350 Wohnungen der Kieler Immobilien Verwaltung (KIV) in Gaarden übernommen, vor allem im Bereich Mühlenstraße, Buschfeldstraße, Ostring, Holsteiner Karré und am Freibad Katzheide. Von der Übernahme betroffen waren über 4000 Mieter*innen Viele von ihnen haben in der Folge am eigenen Leib erfahren, warum LEG den Ruf hat „schlimmer als Vonovia zu sein“.

Screenshot aus dem NDR-Beitrag über LEG-Wohnungen in Gaarden

LEG-Mieter*innen wehren sich

In der wöchentlichen Solidarischen Beratung (immer dienstags 16-18 Uhr in der Kieler Str. 12) mehrten sich in den darauffolgenden Wochen Fälle von LEG-Mieter*innen. Für den 12. Dezember lud die Arbeitsgruppe „Solidarisches Gaarden“ des Stadtteilladen Anni Wadle zu einem offenen Mieter*innentreffen ein, um sich auszutauschen, zu vernetzen und gemeinsam zu schauen, wie man sich gegen die Schweinereien der LEG zur Wehr setzen kann. In den Vortagen wurden Flyer mit der Einladung zum Treffen verteilt und an die Wohnungstüren der entsprechenden LEG-Häuser geklebt. Am Abend des 12. Dezember platzte der Stadtteilladen dann aus allen Nähten und über 30 Mieter*innen nutzten die Möglichkeiten um ihrer Wut Luft zu machen. Zum Ende des zweistündigen Treffens wurden die vielen Probleme und Beschwerden entlang von zentralen Forderungen gruppiert:

  • sofortige Behebung aller Mängel auf Kosten der LEG
  • zuverlässige Reinigungsarbeiten und erreichbare Hausmeister*innen
  • keine Explosion von Miete und Nebenkosten
  • Wohnen als Grundbedürfnis und nicht als Mittel zur Profitgewinnung.

Neben ersten Ideen für konkrete Aktionen wurde auch ein Folgetreffen für Januar vereinbart. Dieses Treffen fand aufgrund des zu erwartenden Andrangs im Subrosa statt und mit 60 Teilnehmer*innen wurden alle Erwartungen übertroffen. Auch hier haben die LEG-Mieter*innen den Raum für gegenseitigen Austausch genutzt. In einem zweiten Schritt wurde ein offener Brief mit den oben genannten Forderungen gemeinsam verabschiedet. In den kommenden Wochen sollten in den Wohnhäusern Unterschrift zur Unterstützung des Briefs gesammelt werden und es entstand die Idee einer Pressekonferenz zur öffentlichkeitswirksamen Vorstellung des Briefs. Unter lautem Beifall gab sich die Initiative zum Schluss des Treffens den Namen „LEG-Mieter*innen wehren sich“ und ein Anschlusstermin wurde vereinbart.

Mieter in Kiel-Gaarden wollen sich gegen Vermieter LEG wehren (NDR, 27.01.2023)

In den Folgetagen nahm die Thematik LEG in Politik und Medien mächtig an Fahrt auf. Die Kieler Nachrichten schrieben über das Treffen im Subrosa: „Proppenvoll war die Szene-Kneipe Subrosa, als sich jüngst erboste LEG-Mieter zu einer Versammlung trafen“. In einem kurz darauf erschienen NDR-Beitrag kamen LEG-Mieter*innen zu Wort. Schäden wie undichte Fenster, Schimmel und Hausschwamm, kaputte Dächer und größere Wasserschäden wurden den laufenden Kameras präsentiert. Obwohl LEG über die Schäden in Kenntnis gesetzt wurde, kümmert sich das Unternehmen oft wochen- und monatelang nicht um die Problematiken, welche die Mieter*innen stark einschränken und teilweise gesundheitsgefährdend sind. Es folgten weitere Presseartikel und die Lokalpolitik griff das Thema im Ortsbeirat und Sozialauschuss auf. Damit konnten die neu organisierten Mieter*innen schon nach kurzer Zeit eines ihrer zentralen Ziele erfüllen: Dass sie öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Situation und das Verhalten von LEG bekommen. Für den weitergehenden Erfahrungsaustausch hat die AG „Solidarisches Gaarden“ Anfang Februar einen Vertreter der „LEG-Mieter*inneninitiative Münster“ in den Stadtteilladen Anni Wadle eingeladen. Dieser berichtete über die Probleme mit LEG in Münster, worin auch viele die Situation in Kiel wiedererkannten. Andere Stadt, gleiche Strategie: Kosten für Mieter*innen steigern, eigene Ausgaben zurückfahren und sich nicht kümmern. Aus Münster wurde aber auch berichtet, dass es immer lohnt sich zur Wehr zu setzen, Einsprüche gegen hohe Nebenkostenrechnungen und Mieterhöhungen einzulegen und für die Verbesserung der Wohnsituation zu kämpfen. Auch wenn viele dieser Auseinandersetzungen direkt zwischen den jeweiligen Mieter*innen und der LEG geführt werden müssen, ist eine Organisierung und damit einhergehend ein Wissens- und Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Stärkung und Solidarität unerlässlich.

Volles Haus bei dem Treffen der Initiative „LEG-Mieter*innen wehren sich“ im Subrosa

Am 20. Januar 2023 folgte dann das dritte Treffen der Initiative. Wieder wurden unzählige Flugblätter in den Nachbarschaften verteilt, über E-Maillisten und einem neu eingerichteten Telegram-Kanal mobilisiert. 35 Mieter*innen und Unterstützer*innen folgten dem Aufruf, einige ließen sich wegen Arbeit oder anderer Termine entschuldigen. Mit Genugtuung wurden am ersten Teil des Abends die vielen Presseberichte und Reaktionen seitens der Politik und LEG zur Kenntnis genommen. Durch den Druck der Initiative hat LEG in einem Brief Stellung zu den im NDR-Beitrag dargestellten Mängeln bezogen und einige zeitnah repariert. Zudem hat das Unternehmen eine Anlaufstelle für LEG-Mieter*innen in Gaarden geschaffen, die in dieser Form zwar eher ein schlechter Scherz ist (das Büro soll alle zwei Wochen für drei Stunden geöffnet sein). Dies zeigt dennoch, dass sich LEG unter Zugzwang sieht. Verschiedene Parteien beteuern sich für die Interessen der Mieter*innen einsetzen zu wollen und LEG in die Pflicht zu nehmen. Deutlich wurde auf dem Treffen betont, dass solche Versprechen gerade in Zeiten des sich anbahnenden Kommunalwahlkampfes mit Vorsicht zu genießen sind. Es war etwa die SPD, die Ende der 1990er Jahren den sozialen Wohnungsbau an private Investor*innen verschacherte. Diese Vorsicht wurde nur kurz im Anschluss des Treffens bestätigt. Eigentlich sollte das Thema LEG im Sozialausschuss der Stadt behandelt werden und dabei auch ein Vertreter der Initiative zu Wort kommen. Auf Antrag von SPD, Grünen, FDP und AFD wurde das Thema aber erst einmal vertagt. Dagegen hilft nur weiterer Druck von unten und so plant die Initiative für dem 06. März eine Pressekonferenz auf der sich „LEG-Mieter*innen wehren sich“ und den offenen Brief mit den Forderungen vorstellen. Für zwei Tage später ist anlässlich des Ortsbeirates und den dort eingeladenen LEG-Vorstandsvertreter*innen eine Protestaktion angesetzt, bei der die Missstände und Forderungen direkt an die Verantwortlichen getragen werden soll.

Kieler Sprotte frisst LEG-Miethai: Organisierte Nachbarschaften gegen Profite mit der Miete

Auch wenn die Initiative „LEG-Mieter*innen wehren sich“ und der Kampf gegen die profitorientierte Wohnraumpolitik des Immobilienkonzerns gerade erst am Anfang stehen, zeigt sich dennoch wie wichtig die gemeinsame Organisierung zur Artikulation und Durchsetzung der eigenen Interessen ist. Erst nachdem sich Mieter*innen zusammengetan und gemeinsam die Stimme erhoben haben, wurden sie in Medien, Politik und vom Unternehmen LEG wahrgenommen. Eine kontinuierliche Organisierung von Mieter*innen wird auch vonnöten sein, um die genannten Forderungen gegen LEG durchzusetzen. Erst wenn genug Druck von unten da ist, wird es Veränderung geben! In Verhältnissen, in denen Wohnraum immer systematischer zu einer Ware gemacht wird, mit der man Millionen und Milliarden erwirtschaften kann, ist eine solche Veränderung unabdingbar. Denn Wohnraum sollte zum würdigen Leben da sein und nicht um damit Profite zu machen.

Anstehende Termine:

02.03. 17 Uhr Schilder malen für Pressekonferenz und Protestaktion zum Ortsbeirat (Ort: Stadtteilladen Anni Wadle, Kieler Str. 12)

06.03. 15.30 Uhr Pressekonferenz der Initiative „LEG Mieter*innen wehren sich“ und Vorstellung des Offenen Briefes (Ort: Buschfeldstraße)

08.03. 18 Uhr Protestaktion von „LEG Mieter*innen wehren sich“ vor dem Ortsbeirat (Ort: Hans-Christian-Andersen-Schule, Stoschstr. 24-26)

08.03. 19 Uhr: Ortsbeirat Gaarden mit Tagespunkt zur Mietsituation bei LEG in Anwesenheit von LEG-Verantwortlichen

20.03. 18 Uhr: Treffen der Initiative LEG-Mieter*innen wehren sich (Ort: Subrosa, Elisabethstr. 25)

Pressespiegel zu LEG in Kiel: https://stadtteilladen.gaarden.net/2023/02/18/pressespiegel-zu-leg-immobilien-und-der-mieterinitiatve-leg-mieterinnen-wehren-sich/