Drogenproblematik in Gaarden? Zusammenhalt von unten statt Hetze, Kontrolle und Verdrängung!

Liebe Menschen in Gaarden,

ihr habt es bestimmt auch schon gelesen: In den letzten Wochen überschlagen sich die Berichte über den verstärkten Drogenkonsum in Gaarden. Wir wenden uns mit diesem Text gegen die einseitige Darstellung dieser Entwicklung! Es geht uns nicht darum, den verstärkten offenen Drogenkonsum und die steigende Kleinkriminalität in Gaarden schön zu reden. Nicht nur viele Drogenkonsument*innen leiden unter der aktuellen Situation, sondern auch die Einwohner*innen in Gaarden, die Angst haben beklaut zu werden oder bei denen eingebrochen wird. Trotz der schwierigen Situation brauchen wir mehr Zusammenhalt und keine Spaltung der Menschen in Gaarden.

Mehr Polizei bedeutet auch: Mehr Rassismus

Seit Anfang November haben sich vor allem die Kieler Nachrichten auf das Thema Drogenkonsum in Gaarden gestürzt. So schreibt die KN „Kieler Drogenszene gerät außer Kontrolle: Polizei schlägt Alarm“ und es ist die Rede von „schlimmen Zuständen“ und einer zunehmenden „Verelendung“ des Stadtteils. Als Grund wird die stärkere Verbreitung der Droge Crack genannt. Um das Problem zu beenden, fordern die Kieler Nachrichten: Mehr Polizei, mehr Kontrollen und härteres Durchgreifen. Dieser Forderung schließen sich auch viele Politiker*innen und die Polizei an. Inzwischen wird berichtet, dass es in Gaarden eine eigene Wache für den Kommunalen Ordnungsdienst geben soll.

Deutlich wird in den Berichten, dass über die Menschen in Gaarden und ihr Verhalten geredet wird – ohne zu wissen, wie die Realität von Drogenverkäufer*innen, Drogenkonsument*innen oder Anwohner*innen aussieht. Auch die Forderungen von Sozialarbeiter*innen nach Drogenkonsum-Räumen und Anlaufstellen für Wohnungslose werden kaum weiter diskutiert. Stattdessen wird die Situation genutzt, um Armut, Drogenverkauf und Migration in einen Topf zu werfen. Der Drogenverkauf wird zum Problem bestimmter Herkunftsländer und Drogenverkäufer*innen wird fehlende Integration vorgeworfen. Wir wissen, was die Vermischung von Rassismus und mehr Polizei heißt: Noch mehr Kontrollen in Gaarden für alle, die für die Polizist*innen nicht Deutsch genug aussehen oder keinen deutschen Pass haben. Das sogenannte Racial Profiling prägt jetzt schon das Leben vieler Menschen in Gaarden und es wird weiter zunehmen.

Der Stadtpolitik geht es nicht darum, die Menschen in Gaarden zu unterstützen

Die beschriebene Entwicklung in Gaarden kann man nicht verstehen, ohne einen Blick auf die Kieler Stadtpolitik zu werfen. Seit 2018 setzt die Stadtpolitik das Projekt Gaarden°10 um. Ziel des Projektes ist es, den Stadtteil für gutverdienende Bevölkerungsgruppen attraktiv zu machen. Statt sozialem Wohnungsbau gibt es Luxushotels und steigende Preise. Und anstatt die Müll-Problematik im Stadtteil zu verbessern, wird ein Kommunaler Ordnungsdienst eingesetzt, der die Anwohner*innen noch häufiger kontrolliert. Die Stadtpolitik möchte Gaarden in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Für viele Menschen unter uns, die aktuell in Gaarden wohnen, wird hier dann kein Platz mehr sein.

Besonders deutlich wurde dies im Sommer, als die Stadtpolitik den Garten im Steinmarderweg von einem Tag auf den anderen Tag geräumt hat. Auch hier haben die Kieler Nachrichten vorher in Berichten über die Nutzer*innen des Gartens gehetzt – wieder traf es hauptsächlich Drogenkonsument*innen und Wohnungslose. Es ist nicht überraschend, dass sich die vertriebenen Drogenkonsument*innen des Gartens nach der Schließung neue Orte in der Öffentlichkeit gesucht haben. Nur weil der Garten oder andere Räume geschlossen werden, hören die Leute nicht auf Drogen zu konsumieren.

Solidarischer Stadtteil statt Repression!

Wir sagen daher: Nicht mehr Polizei oder Kontrolle, nicht mehr Hetze oder Verdrängung sind die Lösung für diese Probleme in Gaarden, sondern eine Stärkung sozialer Sicherheit und Solidarität. Es braucht Programme und sichere Orte für Drogenkonsument*innen und vor allem eine Perspektive für die Menschen in Gaarden. Sicherer Wohnraum, der Zugang zu Bildung und Gesundheit sowie die Möglichkeit sich angemessen und gut zu ernähren müssen selbstverständlich für uns alle verfügbar sein. 

Dies können wir nur gemeinsam und von unten durchsetzen!

AG Solidarisches Gaarden / Stadtteilladen Anni Wadle im Dezember 2023