Anna – Pflegehelferin

Hallo, magst du dich und deine Arbeit kurz vorstellen? 

Hallo, ich bin Anna und arbeite als Pflegehelferin auf einer Intensivstation im Uniklinikum. Ich habe eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin gemacht, deswegen ist es ein bisschen ein Quereinstieg gewesen, vieles war neu und häufig lerne ich Fertigkeiten und Abläufe erst, wenn sie gebraucht werden. Aber so kann ich mir mein Studium finanzieren. 

Wie sind aktuell die Arbeitsbedingungen bei deiner Arbeit? 

Also, das größte Problem habe ich gerade schon benannt: die fehlende Einarbeitung. Dadurch dass das nur sehr begrenzt bis gar nicht geregelt ist, bleibt es häufig an den examinierten Kolleg*innen hängen, neben ihrer sowieso schon anstrengenden Arbeit uns anzulernen. Dabei kommt natürlich vieles zu kurz, es fehlt ein einheitlicher Rahmen und es ist frustrierend für beide Seiten. Außerdem kann ich so die Kolleg*innen nicht immer so unterstützen wie ich es gerne würde, weil mir Wissen fehlt. Ein weiteres Problem ist die Unterbesetzung. Zum Teil betreuen wir mehr Patienten als eigentlich vorgesehen. Das ist gefährlich, ich bin in so einem Fall viel gestresster und angespannter, weil ich noch mehr aufpassen muss nichts zu vergessen oder zu übersehen. Durch die Unterbesetzung entstehen auch Situationen, die sowohl für uns als auch für die Patienten untragbar sind. Das ist schwer auszuhalten. Allerdings ist das auf anderen Stationen viel schlimmer. Es gibt aber auch viele schöne Momente. Im Team gibt es viel Unterstützung, und die absurden Momente unserer Arbeit nehmen wir mit Humor. 

Was denkst du, wie die Gesellschaft und die Politik deine Arbeit sehen? Wird dir Wertschätzung entgegengebracht? 

In meiner Erfahrung sind die meisten Leute erst mal beeindruckt, wenn ich von meiner Arbeit erzähle. Sie wissen, dass die Arbeit anstrengend und wichtig ist. Aber trotzdem denken viele, dass Pflege vor allem daraus besteht, Körper zu waschen und das Leiden mit voller Hingabe mildern zu wollen, ohne über großes Fachwissen zu verfügen. Das hängt auch damit zusammen, dass Pflege als Kümmern, Umsorgen verstanden wird. Und das sind sehr weiblich geframte Tätigkeiten – einer Frau fällt das nicht schwer, weil es ja ihre Natur ist, für andere zu sorgen. Frauen machen das gern, so das Bild, und daher braucht es auch kein tiefergehendes Wissen. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Niemand ist so nah an Patienten dran wie wir. Viele Symptome fallen uns zuerst auf. Aber das ist so tief verankert – nicht nur, daß Pflege und Ärzt*innen vielerorts hierarchisch arbeiten, sondern auch wie in meinem Beispiel, dass Leute mit einer anderen Ausbildung ohne Einarbeitung in diese Verantwortung kommen. Ich finde, das ist ein Zeichen von fehlender Wertschätzung für diesen Beruf. Die Politik macht seit Jahren alles immer schlimmer. Die Profitorientierung im Gesundheitssystem wird auf dem Rücken der Pflegekräfte ausgetragen. Ich kenne so viele, die ihren Beruf aufgeben, weil es einfach nicht mehr geht.

Würdest du gerne die Arbeitsbedingungen ändern oder deine Arbeit wechseln?

Die Antwort habe ich eigentlich schon gegeben. Ich würde so vieles gerne ändern: Die Belastung, die vielen Aufgaben, die wegen Einsparungen an anderer Stelle auf uns zurückfallen und die unhaltbaren Bedingungen, in denen wir, unsere Patient*innen und deren Angehörige sich immer wieder befinden. Ich würde gerne mit Zeit und allen medizinischen Möglichkeiten, ohne Einschränkungen durch die Sparpolitik der Krankenkassen, pflegen. Und dabei keinen Unterschied zwischen privat und gesetzlich versicherten machen müssen. Die Pflege muss wegen der Unterbesetzung und Überbelastung schon häufig genug eine organisatorische Rolle erfüllen, weil sonst nichts mehr funktionieren würde – am besten wäre es, wir könnten das auch offiziell. Schließlich wissen wir am besten, was wir brauchen, damit unsere Patienten gut versorgt sind. Ausserdem wünsche ich mir Austausch auf Augenhöhe mit den Ärzt*innen, dass wir als Team arbeiten. Das ist ganz schön viel und grundlegend, was ich ändern will. Aus verschiedenen Gründen werde ich den Beruf wechseln. Im Gesundheitssystem bleibe ich trotzdem, also geht es mit ähnlichen Problemen weiter.

Bald ist der 8.März, der internationale feministische Kampftag. Welche Rolle spielt der für dich und deine Arbeit?

In den letzten Jahren habe ich schon versucht, den 8.März als Anlass zu nehmen, mir klar zu machen dass in meinem Beruf nicht nur der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen ausgetragen werden muss, sondern auch patriarchale Unterdrückung eine Rolle spielt. Wie ich schon meinte, wird Pflege auch wegen der Zuschreibung einer typisch weiblichen Tätigkeit unterschätzt. Zusätzlich erleben wir in unserem Beruf Übergriffe und Gewalt durch Patienten als auch teilweise durch Ärzte, was mit dem Bild der sexy Krankenschwester, aber auch der Geringschätzung unserer Arbeit zusammenhängt. Das fängt bei Kommentaren an wie „ich will eine deutsche Krankenschwester, die kann das besser“, über ungefragtes Anfassen bis körperliche Gewalt. Deshalb müssen wir nicht nur dafür kämpfen, unsere Arbeit der Profitmacherei zu entziehen, sondern auch gegen Rassismus und für die Befreiung der Frau. Das klingt jetzt groß, aber im Prinzip geht es darum, diese veralteten Geschlechterrollen aufzulösen: denn es gibt keine natürliche Aufteilung von Fähigkeiten. Das wird uns nur so beigebracht. Darum geht es für mich am feministischen Kampftag.