Hallo, magst du dich und deine Arbeit kurz vorstellen?
Ich bin sozialpädagogische Assistentin (SPA) und arbeite seit 14 Jahren in einer kleinen Kita. Eigentlich hätte ich gerne direkt nach der Schule die Ausbildung zur Erzieherin gemacht, aber das ging nicht, weil ich nur einen Realschulabschluss habe. Also bin ich 2 Jahre zur Schule gegangen und habe die Ausbildung zur SPA gemacht. Für den Abschluss zur Erzieherin hätte ich nochmal 3 Jahre zur Schule gehen müssen. Darauf hatte ich keine Lust. Also habe ich erstmal angefangen zu arbeiten, auch, um von Zuhause ausziehen zu können und finanziell unabhängiger zu werden. Zu meinen Aufgaben zählen echt viele Dinge, es geht vor allem darum, den Alltag der Kinder zu begleiten und sie beim Wachsen und Lernen zu unterstützen. Spielen, fördern, trösten – und nebenbei durchgehend ein Auge drauf haben, dass es allen gut geht. Und dann gibt es noch solche Aufgaben, wie das Beobachten und die Dokumentation, aber auch Elterngespräche und -abende. Im Prinzip mache ich das selbe wie eine Erzieherin, werde aber schlechter bezahlt (haha). Der Job an sich macht mir sehr viel Spaß, ich finde die Arbeit unheimlich sinnvoll und ich arbeite gerne mit Kindern. In den letzten Jahren, hat sich die Lage allerdings ganz schön verändert, aber dazu kommen wir ja glaub noch…
Wie sind aktuell die Arbeitsbedingungen bei deiner Arbeit?
Wie gesagt, ich arbeite in einer kleinen Einrichtung und in der Vergangenheit liefs dort noch sehr gut, wir waren eigentlich immer vergleichsweise gut besetzt und hatten nur wenig Probleme. Lärm- und Stresspegel mal ausgenommen. Aber mittlerweile merken auch wir zunehmend die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Die Herausforderungen werden immer mehr und die Bedarfe der Kinder immer größer, was von den Fachkräften nicht mehr aufgefangen werden kann. Ich kann den Kindern nicht mehr gerecht werden und das ist unheimlich frustrierend. Stattdessen fühle ich mich jeden Tag wie eine Feuerwehr, ich versuche akute Brände zu löschen und zu verhindern, das schlimmeres passiert. Und es sind nicht nur die Kinder, die darunter leiden. Der Krankheitsstand im Team ist so hoch wie noch nie in meinen 14 Jahren Berufserfahrung. Ich habe mich schon oft krank zur Arbeit geschleppt, weil wenn ich fehle, bleibt die Arbeit ja nicht liegen, sondern meine Kolleg*innen fangen alles auf oder die Eltern leiden unter den Schließungen. Das ist ein ganz schöner Druck, der da auf einem lastet. Ein Teufelskreis.
Was denkst du, wie die Gesellschaft und die Politik deine Arbeit sehen? Wird dir Wertschätzung entgegengebracht?
Ich glaube schon, dass die Bedeutung meiner Arbeit irgendwie schon allen bewusst ist, schließlich sind ja alle darauf angewiesen, dass ihre Kinder gut betreut sind und sie zur Arbeit gehen können. Ich glaube, dass es zwar nicht mehr diese krasse offensichtliche Abwertung des Berufs gibt, aber es trotzdem vielen nicht klar ist, wie anstrengend so ein Tag in der Kita eigentlich ist. Manchmal komme ich den ganzen Tag nicht dazu, auf die Toilette zu gehen oder etwas zu trinken und nach Feierabend bin ich ausgelaugt und tue mich schwer damit, anderen noch zuzuhören, wie ihr Tag war, weil ich schon den ganzen Tag anderen zugehört habe und für sie da war. Und dann ist da noch die Sache mit dem Lohn, darin spiegelt sich ja auch eine Anerkennung wieder. Die wenigsten können von ihrem Erzieher*innengehalt eine Familie durchfüttern, hinzu kommt, das die wenigsten in diesem Beruf über lange Zeit Vollzeit arbeiten können. Berufskrankheiten, geschweige denn einen passenden Gesundheitsschutz gibt es nicht, obwohl der Lärmpegel immer wieder dem auf einer Baustelle gleicht und kleine Tische oder Stühle ja auch nicht unbedingt komfortabel für Erwachsene sind. In meinem Fall bin ich außerdem frustriert, dass es keine Anerkennung für meine langjährige Berufserfahrung gibt. Es gibt keine Möglichkeit zB. eine Weiterbildung zur Erzieherin zu machen. Die einzige Möglichkeit ist es, die Ausbildung zu machen, welche nochmal mind. 2 Jahre dauert, in denen ich der Einrichtung dann als Fachkraft fehle. Währenddessen, entscheidet die Politik, dass Menschen, ohne weitere Qualifizierung, als zweite Fachkraft in der Kita arbeiten können und im Prinzip meinen Job machen. Das ist natürlich schon eine ziemliche Abwertung.
Würdest du gerne die Arbeitsbedingungen ändern oder deine Arbeit wechseln?
Wir brauchen mehr Fachkräfte! Aber wirklich Fachkräfte, nicht helfende Hände oder FSJ Kräfte – so unterstützend und wertvoll diese auch sind, für die hochwertige, qualifizierte pädagogische Arbeit am Kind braucht es mehr Fachkräfte. Und wir brauchen auch einen besseren Betreuungsschlüssel. Der ist aktuell echt daneben, da wird man niemandem gerecht und eine individuelle und gute Arbeit mit dem Kind ist nicht möglich. Die Fachkräfte die bisher alles stemmen, brennen aus und verlassen den Beruf. Um mehr Fachkräfte zu bekommen braucht es meiner Meinung nach eine bezahlte und gute Ausbildung mit vielen Ausbildungsplätzen. Und der Job muss endlich gut bezahlt werden. Und dann muss auch der Gesundheitsschutz besser werden, also was so Lärmschutz, Stressreduzierung und den Körper generell betrifft. Aber das hängt ja auch irgendwie alles zusammen. Und am Ende kann man sagen, dass vor allem richtig viel Geld in die sozialen Bereiche gesteckt werden muss. Also ja, ich denke schon manchmal darüber nach, wielange ich den Job machen kann und will. Und unter welchen Bedingungen ich die Arbeit noch mache. Gleichzeitig stehe ich sehr hinter meiner Arbeit und bin überzeugt davon, dass eine gute frühkindliche Bildung und pädagogische Arbeit so so wichtig für die Kinder und unheimlich wertvoll für eine solidarische Gesellschaft ist. Darauf baut ja alles auf.
Bald ist der 8.März, der internationale feministische Kampftag. Welche Rolle spielt der für dich und deine Arbeit?
Der Kapitalismus lebt davon, dass Care-Arbeit – also Erziehung, Pflege, Haushalt, Fürsorge – billig oder umsonst gemacht wird. Meist von Frauen. Stell dir vor, all diese Arbeit würde fair bezahlt – das System würde wackeln. Wenn wir uns um Kinder, Kranke oder Ältere kümmern, spart der Staat Geld. Deshalb wird diese Arbeit kleingeredet, schlecht bezahlt oder einfach als ‚Berufung‘ verkauft. Aber Care-Arbeit ist Arbeit, ob Zuhause, im Krankenhaus oder in der Kita. Und ohne sie würde hier gar nichts mehr laufen. Genau darum ist der feministische Kampftag meiner Meinung nach ein wichtiger Tag – an diesem Tag gehen Feminist*innen weltweit für ihre Rechte auf die Straße, auch wenn’s im restlichen Jahr natürlich genauso wichtig ist!