Jeder dritte junge Mann findet Gewalt an Frauen okay. Das zeigt sich an den alamierenden Zahlen zur Gewalt gegen Frauen in Deutschland, denn jede dritte Frau ist mindestens einmal in ihrem Leben von physischer, psychischer und oder sexualisierter Gewalt betroffen. Alle 4 Minuten erlebt eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Jeden dritten Tag wird ein Femizid verübt, ein Mord an einer Frau, weil sie eine Frau ist. Erst vor wenigen Wochen wurde hier in Kiel eine junge Frau von ihrem Partner getötet. Diese Tat darf nicht als ‚Beziehungsdrama‘ abgetan werden, sondern muss als Femi(ni)zid benannt werden.
Diese Gewalt muss als strukturelles patriarchales Problem verstanden und entsprechend verurteilt werden. Sexualisierte Gewalt, digitale Gewalt, staatliche Gewalt, häusliche Gewalt, Stalking, Menschenhandel und (Zwangs-)Prostitution -die Opfer in diesen Bereichen sind immer hauptsächlich Frauen, die Täter sind mehrheitlich Männer.
Am 25.11. soll auf diese Gewalt aufmerksam gemacht werden. An diesem Tag im Jahre 1960 wurden die Mirabal Schwestern in der Dominikanischen Republik ermordet. Seitdem sind sie ein Symbol für den Widerstand der Unterdrückten und kämpferischen Frauen. Aber die Mirabal-Schwestern waren weder die ersten, noch die letzten Frauen, die Gewalt erfahren haben. Am 9. Januar 2013 wurden in Paris die drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansiz (Sara), Fidan Dogan (Rojbîn) und Leyla Saylemez (Ronahî) grausam ermordet. Durch den Mord an den Frauen sollte die Sehnsucht nach einem würdevollen Frieden zunichte gemacht werden. Dennoch gingen tausende Frauen in Kurdistan und vielen weiteren Orten der Welt auf Welt auf die Straßen, um gegen patriarchale Ausbeutung und Gewalt Widerstand zu leisten.
Gewalt gegen Frauen wird weltweit in vielen Formen ausgeübt. Dazu gehören Drohungen, Zwang, Freiheitsberaubung und Entziehung ökonomischer Lebensgrundlagen. Diese systematische Ausbeutung und Unterdrückung der Frau müssen als solche international und auch in Deutschland anerkannt werden. Die Istanbul Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag, der in Deutschland seit 2018 rechtlich bindend ist, verpflichtet die Vertragsstaaten zur Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter und der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. In Deutschland gibt es allerdings große Mängel bei der Umsetzung des eigentlich vergebenen Maßnahmenkatalogs: Es gibt keine bundesweite Koordinierungsstelle und Gesamtstrategie und vor allem keine angemessene Finanzierung und Infrastruktur. Es fehlen rund 15.000 Frauenhausplätze.
Wenn wir die Gewalt beenden und eine Gesellschaft erkämpfen wollen, in der sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert wird, müssen wir Patriarchat und Kapitalismus bekämpfen. Denn das kapitalistische System profitiert von der patriarchalen Unterdrückung der Frauen: Wir sind billige Arbeitskräfte und übernehmen immer noch 80% der unbezahlten Haus- und Pflegearbeit. Durch die strukturelle Gewalt gegen uns Frauen, werden diese Verhältnisse aufrecht erhalten und verfestigt.
Wir haben genug davon, unterdrückt zu werden, auszuhalten und abzuwarten. Wir werden die Paläste des Patriarchats niederreißen und uns befreien. Wir haben keine Angst vor eurer Wut, euren Fesseln und euren Folterkammern. Wir leisten Widerstand und wir schreien es heraus: Wir Frauen wollen frei leben. Jin Jiyan Azadì!
Der Aufruf wird unterstützt von: Jiyana Jin – Kurdischer Frauenverein Kiel e.V., Feministisches Café Kiel, Feministische Antifa Kiel, Internationaler Jugendverein Kiel, Bund Sozialistischer Frauen, Perspektive Solidarität Kiel und Stadtteilladen Anni Wadle.