Schilderwald und Einweihung des „Ni-Una-Menos-Platzes“ in Kiel zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

Anlässlich des Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen gingen letzten Samstag in Kiel bis zu 200 Menschen gegen patriarchale Gewalt auf die Straße. Bei einem Schilderwald in der Kieler Innenstadt wurden auf vielfältige und ausdrucksstarke Weise die tödlichen und strukturellen Dimensionen patriarchaler Gewalt sichtbar gemacht und verurteilt. Zum Schilderwald mobilisiert hatten verschiedene feministische, revolutionäre und internationalistische Gruppen mit einem Aufruf und verschiedenen Aktivitäten im Vorfeld wie thematisch passenden Veranstaltungen oder gemeinsamen Schildermalen.

Während der einstündigen Aktion wurde der Aufruf „Gemeinsam gegen patriarchale Gewalt“ mehrfach auf deutsch und kurdisch verlesen und dabei wiederholt die Forderungen nach einem Ende der anhaltenden Gewalt, mehr Schutz- und Beratungsangebote sowie eine Sicherung der ökonomischen Grundlage für Frauen, eine Vergesellschaftung der Reproduktionsarbeit und schlussendlich die Abschaffung von Patriarchat und Kapitalismus artikuliert. Diese und weitere Forderungen fanden sich auch auf den unzähligen Schildern wieder, die von den Teilnehmer*innen präsentiert wurden: Parolen wie „Ni una Menos“, „Patriarchale Gewalt hat System – Gegen Kapitalismus, Staat und Patriarchat“, „Mehr Frauenhäuser jetzt“, „Gegen misogyne Gewalt“ oder „Feminismus heißt Widerstand“ sorgten für einen eindeutigen Ausdruck in der gut besuchten Kieler Holstenstraße.

Trotz des zwischenzeitlich einsetzenden Schneeregens und kalter Temperaturen blieben viele der Teilnehmer*innen und gelegentlich kam es bei kurdisch-revolutionärer Musik auch zu kollektiven Tanzeinlagen. Nach etwas mehr als einer Stunde zog der Schilderwald dann als Demonstration die kurze Strecke zum ehemaligen Stresemannplatz, der im Vorfeld in „Ni-Una-Menos-Platz“ umbenannt wurde. Begründet wurde die Umbenennung eben jenes Platzes mit einem in unmittelbarer Nähe stattgefundenen Feminizid am 18. Oktober. Dazu hieß es in einem zur Platzbenennung gehaltenen Redebeitrag kämpferisch:

„ Keine von uns soll mehr sterben durch das Patriarchat. Keine von uns soll mehr sexualisierte, häusliche oder psychische Gewalt erleben. Wir wollen uns lebend! Und nicht nur das. Wir wollen nicht nur überleben, wir wollen frei, sicher und gleichberechtigt leben, lieben, arbeiten, Kinder haben oder auch nicht, feiern gehen und das Leben genießen. Dafür kämpfen wir Hand in Hand mit allen durch das Patriarchat Unterdrückten, denn wir wissen: Wir schaffen das nur, wenn wir uns gegenseitig unterstützen. Dieser Platz soll das sichtbar machen. So ist er nicht nur ein Raum, und zu gedenken, sondern auch ein Raum unseres Widerstands!“

So entsetzlich die Tatsache ist, dass patriarchale Gewalt in verschiedenen Formen breite gesellschaftliche Akzeptanz erfährt und erkämpfte feministische Errungenschaften auf allen Ebenen attackiert werden, so erfreulich, kraftgebend und wichtig ist die breite Beteiligung an solchen Tagen. Neben der Aktion am 25.11. riefen weite Teile des Bündnisses ebenfalls unter dem Motto „Gemeinsam gegen patriarchale Gewalt“ auch zum gemeinsamen Gedenken am Transgender Day of Remembrance am 20.11. auf, der die durch transfeindliche Gewalt Gestorbenen würdigt und gedenkt. Mit dieser Verbindung und der inhaltlichen Ausrichtung der Aufrufe wurde deutlich gemacht, gegen wen sich patriarchale Gewalt in den bestehenden Verhältnissen richtet und dass feministische Kämpfe verbunden werden müssen. Gleichzeitig wurde immer wieder betont, dass diese Gewalt System hat und durch Patriarchat, Staat und Kapitalismus geformt und in verschiedenen Formen wirkmächtig wird. Kein Leben ohne Angst, Fesseln, Unterdrückung und Ausbeutung ohne die Abschaffung von Kapitalismus und Patriarchat! Wir wollen frei leben – Jin Jiyan Azadî!